"Todo o nara" 7b+ und andere Klassiker trad

Super Gau 2. SL 6c+ trad bx Philipp Reindl
Todo o nara 2002 by Hermann Erber

1.5.2009: 1993 konnte ich mit „Todo o nara“ meine erste Route im 9. Schwiergigkeitsgrad klettern. Es ist eine konstant überhängende Risslinie mit einigen Leisten, dort wo der Riss unterbrochen ist, und ein Maltatal Mega Klassiker. 16 Jahre später stehe ich wieder unter der Route, diesmal bewaffnet mit Friends und Keilen, um mir die vielleicht erste trad Begehung, der nun wohl gleichzeitig schwersten trad Linie Kärntens zu holen. 

Zudem konnte ich einige weitere Klassiker an der Kreuzwand, wie "Nudl Move", "Kärntner Nudl" und "Calafate City" trad klettern!

Normalerweise braucht man 11 Express Schlingen, um der „Todo“ zu Leibe zu rücken, ich habe einen grün – gelben und einen gelb - roten offset Alien, zwei 0,5er Camelots, einen gelben Alien, einen gelben und blauen Powercam, 2 große Keile, zwei 2er Rocks und einen offset 2er Rock. Das ist das gear welches ich ausgecheckt habe und wie ich finde ideal passt. 

Aber erstmals die Geschichte von ganz vorne. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen, insbesondere in Australien, USA und Canada, was alles trad geklettert wird, und geklettert werden kann, habe ich begonnen, unsere in Europa vorherrschende „Zubohrmentalität“, von einem anderen Blickwinkel zu sehen. Selber bin ich da keine Ausnahme, habe ich doch im Maltatal einige Risse, oder Routen die sonstige Placements erlauben würden, komplett eingehohrt. 

Dennoch entstand aus meinen Erfahrungen heraus der Wunsch, als erstes einmal einige der eingebohrten Linien trad zu klettern, die sich dafür offensichtlich anbieten. Gemeinsam mit Martina Cufar konnte ich ja bereits einige Linien an der Kreuzwand im Maltatal wie „Kärntner Nudl“ 6a+, „Kärntner Nudl direkt“ 6b+, „Nudl Move“ 6c, „Light foot“ 7a+, „Calafate City“ 6b und die Kombination „Super Gau 1.+ 2. SL“ 6c+ in reinem trad Stil klettern. Soll heißen nur Friends und Keile, alle Sicherungen im Vorstieg legen. Dies war bereits der klare Beweis dafür, dass es auch „anders“ geht. 

Vor einigen Wochen begann ich nach einer mehrmonatigen Pause wieder zu klettern, und ich wusste bereits was eines meiner ersten Ziele im heurigen Jahr sein würde. Nach einem 10tägigen Arco Aufenthalt fühlte ich mich wieder verhältnismäßig eingeklettert, und boulderte die Route hinauf, um sie danach wieder einmal rotpunkt zu klettern. Beim Abseilen nahm ich mir dann die notwendige Zeit, um die placements und das gear auszuchecken. 

Ein Wochenende später machte ich mich dann daran, im Vorstieg das Legen der Sicherungen zu versuchen. Dies war sehr einfach, denn ich konnte ja immer auch die Bohrhaken klinken, was ich auch tat. Somit ist „Todo o nara“ nicht wirklich eine reine trad Route, das muss man dazu sagen, denn die vorhandenen Bohrhaken vereinfachten das Projekt wesentlich. 

Ich konnte z.B. einige placements mehrmals mit ordentlichen Stürzen testen, wissend das ich darunter ja noch Haken geklinkt hatte. Am selben Tag gelingt mir dann zumindest eine Begehung, rein an den trad Sicherungen, die ich aber alle vorher schon gelegt hatte. 

Dabei wurde mir klar: Es würde an einer Stelle relativ schwierig sein, einen Keil zu legen, der sehr wichtig ist, und ich würde diese Sequenz ganz anders anklettern müssen. Und zweitens müsste ich eine längere Passage ganz ohne Sicherung überklettern müssen, weil hier nur ein gelber Alien in ein etwas sandiges, ungleichförmiges Loch passt. Er hielt nur bei jedem zweiten meiner Sturzversuche, meine Chancen standen also fifty – fifty, dass er mir bei einem Sturz auch wirklich was bringt. Zudem musste ich die Stelle zum Legen anklettern, dann retour zum Raster, und dann erst drüberziehen. 

Nach einem Paklenica Aufentalt, und ordentlicher Rast, fühlte ich mich letztes Wochende so stark wie schon lange nicht, dazu waren die Bedingungen perfekt. Kühl aber nicht kalt, leichter Wind und der Gneis extrem trocken. Unterwegs war ich mit meinem Ketterfreund Elias Umundum aus Döbrich. 

Beim ersten Versuch machte mir vor allem der besagte Keil sehr große Probleme, und ich musste die Sequenz ein paar mal versuchen, bis ich die ideale Lösung gefunden und drauf hatte. Doch der Rest ging schon wie geschmiert. 

Beim Ablassen nahm ich wieder alles gear aus der Wand, sortierte es gewissenhaft auf den Gurt und rastete eine gute halbe Stunde. Dann stieg ich ein und kletterte fokusiert und rasch los. Ich konzentrierte mich nur mehr aufs Klettern, auf das Checken der Friends und Keile, fand meinen Rythmus. Am Ende der run out Passage dann der wackelige move in den Henkel, und ich wuste, dass ich mir dei Begehung nun nicht mehr nehmen lassen würde. “Todo o nara“ war „befreit“ worden, und ich um eine schöne Erfahrung reicher. 

Meine Erfahrung bleibt mit dieser Begehungnatürlich nicht stehen, sie ist vielmehr Anlass meine Einstellung weiter zu überarbeiten. Konkret denke ich darüber nach, einige bzw. alle Haken aus Routen zu entfernen, welche ich eingebohrt und teilweise auch schon erstbegangen habe, sofern man sie mit friends und Keilen absichern kann. 

Es mag dies ein Zugang sein, der mir selbst nicht erlaubt auf meinem absolut höchstem Sportkletterniveau zu agieren, hier klafft ja noch eine große Kluft. Persönlich denke ich jedoch das Fairness, Respekt vor der Natur und die Herausforderung so zunehmen. Dies ist mir immer wichtiger, und stellt einen großen Anreiz für mich da, wieso ich nach 17 Jahren immer noch an den Felsen gehe. 

Es würde mich auch freuen, wenn dies allgemein zu einem überlegteren Umgang mit der Bohrmaschine führen würde, um insbesondere im Maltatal ein neues Kapitel kompromissloserer Kletterethik aufzuschlagen.

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